Haus Next

So kann es schief gehen: Ursachen, Charakteristiken und Implikationen problematischer Nachfolgen

Hey nächste Generation, hast du mal drei Minuten? Wir bereiten Erkenntnisse aus der Forschung zu Familienunternehmen für dich auf – in nur drei Minuten Lesezeit.

Miller, Steier & Le Breton-Miller: „Lost in time: intergenerational succession, change and failure in family business”

Leider kann die Nachfolge das Ende des Familienunternehmens bedeuten – eine problematische Beziehung zwischen Vergangenheit und Zukunft ist dabei nicht selten die Ursache. Führt ein Next Gen die Traditionen streng fort oder ändert er beziehungsweise sie radikal den Kurs des Unternehmens? Oder schwankt der Next Gen möglicherweise zwischen beiden Extremen? In ihrer Studie untersuchen Miller, Steier und Le Breton-Miller die langjährige Entwicklung von 13 Familienunternehmen, die nach der Übernahme durch eben diese Spannungen schlechter gelaufen oder gescheitert sind. Dabei sehen sie sich an, wie sich schwierige Nachfolgeprozesse in Strategie (Einigkeit über Ziele, Innovationen oder Risikofreude), Organisation (etwa Werte und Konflikte) und Governance (inwiefern ist die ältere Generation noch involviert) äußern.

Welche Arten von Schwierigkeiten können bei der Nachfolge auftreten?

Von einer konservativen Nachfolge sprechen die WissenschaftlerInnen, wenn die Unternehmensführung durch Stillstand und eine hohe Abhängigkeit von der älteren Generation charakterisiert wird. Strategisch gibt es wenige Veränderungen der Ziele, Produkte oder Märkte, viele Möglichkeiten bleiben ungenutzt und man wehrt sich gegen Anpassung. Auf organisatorischer und Governance-Ebene werden alte Werte unverändert erhalten, dabei sind Hierarchien und Vergütungssysteme starr. Die ältere Generation bleibt stark präsent; freidenkende, innovative MitarbeiterInnen hingegen werden nicht gehört. Die Folge ist ein deutlich schrumpfender Marktanteil eines ursprünglich erfolgreichen Unternehmens. Die schwankende Nachfolge zeichnet sich dagegen durch Unentschlossenheit aus. Die Strategie besteht aus meist ungeeigneten und ineffektiven Initiativen, die oft wieder abgebrochen werden. In der Organisation werden neue Einheiten geschaffen und neue Leute eingestellt, diese sind aber meist schlecht integriert. Es gibt Spaltung statt Konsens. Wettbewerber sichern sich Marktanteile, Profite sinken als Folge des unproduktiven Herumexperimentierens. Eine rebellische Nachfolge hingegen impliziert die Ablehnung des Familienvermächtnisses. Strategisch gibt es weitreichende Veränderungen wie große Akquisitionen oder neue Produkte, die meistens über das Ziel hinausschießen. Die neue Führung möchte sich unbedingt neu erfinden. Für diesen Zweck werden Werte und Ziele, Rollen, Beziehungen und Kommunikation verändert. Neue Leute steigen ein, die sich von den VertreterInnen der älteren Generation zwar entfremden, aber selber nicht talentiert genug sind, innovative Ideen umzusetzen. Die Ressourcen des Familienunternehmens werden so weit erschöpft, bis dieses vor dem Aus steht.

Welche Ursachen könnte dies haben?

Das wissenschaftliche Team identifiziert vier verschiedene Ursachen für gescheiterte Übernahmen. Familiendynamiken spielen eine wichtige Rolle, da frühe Interaktionen mit Eltern einen bleibenden Einfluss auf die Persönlichkeit und das Verhalten der Kinder haben. Wenn die gründende Generation besonders hohes Ansehen genießt und sich durch einnehmende, teilweise narzisstische Persönlichkeiten auszeichnet, kann es für Kinder schwer werden, sich zu unabhängigen, selbstbewussten Personen zu entwickeln und die Eltern nicht zu idealisieren. Distanziertes oder enttäuschendes Verhalten eines Elternteiles kann hingegen zu Opposition und Rebellion führen. Eine Mischung beider Extreme, also ein ungelöster Konflikt zwischen Nacheiferungen und Ablehnung, hat meist Unschlüssigkeit und Unbeständigkeit zu Folge – in jedem dieser drei Fälle ist ein erfolgreicher Nachfolgeprozess gefährdet. Ebenfalls problematischer für die Übernahme ist ein Führungsstil beider Generationen, der von auffälligen Charakterzügen, wie dramatischem, obsessiven oder depressiven Verhalten zeugt. Außerdem ist der Kontext des Unternehmens relevant: in traditionellen Firmen kommt es eher zur konservativen Nachfolge, im problembeladenen Umfeld zu rebellischen Nachfolgen und in politisierten sowie fragmentierten Organisationen zu schwankenden Nachfolgeprozessen. Schließlich ist auch der Markthintergrund nicht zu vernachlässigen, er beeinflusst das Verhalten der NachfolgerInnen durch unterschiedliche Grade an Wettbewerbsfähigkeit, Wandel und Unsicherheit – zum Beispiel sind konservative, rebellische und schwankende Nachfolgen jeweils wahrscheinlicher in stagnierenden, turbulenten und von Schocks betroffenen Industrien.

Und welche Folgen könnte dies haben?

Obwohl Miller, Steier und Le Breton-Miller in ihrer Studie nicht die konkrete Leistungsauswirkungen der problematischen Übernahmen untersuchen, stellen sie einige Hypothesen auf, welche Faktoren den möglichen Ausgang einer solchen Nachfolge bestimmen. Sie gehen davon aus, dass konservative Nachfolgen in stabilen Märkten weniger gefährlich als in unsicheren Kontexten sind, das Gegenteil gilt für rebellische Nachfolge. Im Falle von Schwankung und Unschlüssigkeit spielen Unsicherheit und Wandel im Umfeld keine Rolle für die Unternehmensleistung. Gleiches gilt entsprechend für eine stabile und erfolgreiche Firmengeschichte. Schließlich kommt es auch darauf an, wie extrem und konsistent die Charakteristiken für die drei Arten von dysfunktioneller Übernahme sind – je ausgeprägter, desto größer der negative Einfluss auf die Performance des Familienunternehmens.

Was bedeutet das für mich?

Für dich gewährt diese Studie aufschlussreiche Einblicke in die Ursachen, Prozesse und Folgen problematischer Nachfolge im Familienunternehmen. Es wird deutlich, dass eine unangebrachte Beziehung zwischen Vergangenheit und Zukunft weitreichende Auswirkungen auf die Übergabe von Verantwortung an die nächste Generation haben kann. Dabei spielt oft die generationenübergreifende Beziehung sowie die Persönlichkeit der VorgängerInnen eine Rolle, bestärkt durch den Industrie- oder Unternehmenshintergrund. Die Studie zeigt, dass konservative, schwankende oder rebellische Nachfolgeprozesse oft Warnsignale aussenden – diese lassen sich auf Grundlage der Studie besser erkennen, bewerten, und vor allem bekämpfen. Wird rechtzeitig erkannt, in welche problematische Richtung die NextGen steuert, so kann dies durch Unterstützung und Aufarbeitung möglicherweise aufgefangen werden. Denn die Folgen werden auch in diesem Artikel deutlich: sie sind nicht nur für das Unternehmen, sondern damit einhergehend auch für die Familie fatal.

Kurz & knapp

Welche problematischen Typen von Nachfolge gibt es? Woher kommen sie? Und welche Folgen haben sie?

  1. Konservative, schwankende und rebellische Nachfolge zeichnen sich jeweils durch Stillstand, Unentschlossenheit und Ablehnung in Bezug auf die Traditionen des Unternehmens aus.
  2. Familiendynamiken, Persönlichkeiten der Führungspersonen, Marktkontext und Historie des Unternehmens können Ursachen für die Ausprägung dieser Typen sein.
  3. Das Umfeld der Industrie, die Beständigkeit und der Charakter des Unternehmens sowie die Ausprägung der Charakteristiken von Konservatismus, Schwankungen und Rebellion können die Folgen der Übernahme verstärken oder abschwächen.
Geschrieben von Lisa Winkler, Head of Haus Next Business

 

Das könnte dich auch interessieren.