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Im Gespräch mit Unternehmensnachfolgerin Clara Sasse

Wir sprechen mit Next Gens aus Unternehmerfamilien über das Thema Einstieg in das Familienunternehmen, über den ersten Arbeitstag, Herausforderungen und vieles mehr.

Dr. Eberhard Sasse, der Vater von Clara Sasse, gründete 1976 die Dr. Sasse Gruppe mit dem Schwerpunkt auf Gebäudereinigung. Schnell konnte der Betrieb seine Kompetenzen und das Dienstleistungsportfolio ausbauen. Mit dem Ausbau der Kompetenzen ging ein stetiges Wachstum des Familienunternehmens einher, sodass das Unternehmen heute rund 6.500 Mitarbeitende beschäftigt und zu den führenden deutschen Komplettanbietern im Facility Management gehört.

Firmengründer Dr. Eberhard Sasse wechselte zum Jahreswechsel 2022 in den Aufsichtsrat und seine beiden Töchter, Clara und Laura, wurden Vorstandsmitglieder der Dr. Sasse Gruppe. Jetzt beginnt ein neuer Abschnitt für das Familienunternehmen – der Generationswechsel in die zweite Generation steht an, oder wie es die beiden Schwestern, Clara und Laura, liebevoll nennen: Es beginnt der erste Satz im zweiten Kapitel einer Geschichte. Eine spannende Zeit steht bevor!

Wir haben mit Next Gen Clara Sasse, Master Studentin an der Zeppelin Universität und seit kurzem Vorstandsmitglied der Dr. Sasse Gruppe über das für Sie brandaktuelle Thema des Einstiegs ins Familienunternehmen gesprochen.

Wann wusstest du, dass du in das Familienunternehmen einsteigen möchtest? Gab es für dich einen Schlüsselmoment?

Das war mir schon immer klar! Ich glaube jede Familie findet ihren eigenen Weg die nächste Generation an das Familienunternehmen heranzuführen. Schon von klein auf wurden geschäftliche Themen mit Begeisterung am heimischen Küchentisch besprochen und so sind meine Schwester und ich mit dem Unternehmen aufgewachsen. So war uns auch früh klar was unsere Eltern beruflich machen und welche Verantwortung, aber auch Freiheiten mit ihrer Position im Unternehmen einhergehen. Klar, habe ich mir Gedanken gemacht, ob ich mir solch eine Position zutraue. Ja, einfach aus dem Grund, weil ich sehr viel Respekt vor der Aufgabe habe und der Meinung bin, wenn man sich eine solche Position im Unternehmen nicht zutraut, dann sollte man da vielleicht auch eher die Finger von lassen. Also in dem Sinne habe ich mir natürlich schon darüber Gedanken gemacht, aber es gab jetzt keinen Schlüsselmoment in dem ich dachte: Okay, ich mache das jetzt oder ich mache das nicht.

Bei uns in der Familie nutzen wir immer die Metapher eines Fußballs bestehend aus schwarzen und weißen Feldern, die das berufliche und das Privatleben widerspiegeln. Diese beiden Felder sind dabei untrennbar voneinander, da nur aus der Gesamtheit der Felder der sogenannte Purpose, dass der Ball rund ist und rollen kann, erfüllt ist. Und wenn ein Feld fehlt, dann erfüllt der Ball schlichtweg nicht mehr seinen Purpose. Und ja so empfinden wir das auch als Unternehmerfamilie. Die Mentalität des Unternehmertums, dass Privat- und Berufsleben nicht strikt voneinander getrennt werden kann, sondern im ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen muss, finde ich sehr ansprechend. Und das ist für mich auch der entscheidende Faktor, warum ich mich dann entschlossen habe, ins Unternehmen einzutreten. Ich liebe es, dass in meinem Leben mein Privat- und Berufsleben nicht in zwei getrennten Schubladen existiert, sondern mein Leben ein runder Ball mit verschiedenen Feldern ist, der konstant in Bewegung bleibt.

Wie war dein erster Arbeitstag als Vorständin der Dr. Sasse Gruppe? Wie haben die Mitarbeiter*innen auf dich reagiert?

Das ist ein bisschen schwierig zu beantworten, weil der erste Arbeitstag als Vorstandsmitglied der erste Januar war. Demnach hat sich an diesem Tag, objektiv gesehen, erstmal nicht viel für mich verändert. Bei uns im Familienunternehmen war das ein fließender Prozess, da ich bereits seit 2020 im Unternehmen tätig bin. Aber natürlich hat sich etwas in der Verantwortung für das Unternehmen und damit auch das Gefühl an diesem Tag gewandelt.

Ja, am ersten Tag als Vorstandsmitglied haben wir mit meinem Vater angestoßen. Und haben gleich am ersten Januar auch eine Videobotschaft an alle Mitarbeitenden gesendet. Vor dem Generationswechsel war der Vorstand von meiner Mutter und meinem Vater besetzt. Seit dem ersten Januar ist mein Vater in den Aufsichtsrat gewechselt, meine Mutter ist Vorstandsmitglied geblieben und zusätzlich sind meine Schwester, Katja Böhmer, die bereits seit 20 Jahren im Unternehmen tätig ist und ich in den Vorstand gewechselt. Wir sind ein eingespieltes Team, dass auch schon zuvor zusammengearbeitet hat. Dennoch wollten wir nochmal eine klare Botschaft an unsere Mitarbeitenden senden. Im Kern unseres Statements haben wir uns von Friedrich den Großen inspirieren lassen: Wir sehen uns als die ersten Dienerinnen des Unternehmens. Außerdem sicherten wir den Mitarbeitenden zu, dass das Unternehmen auch in Zukunft in Familienhand bleibt, denn ich denke bei jedem Generationswechsel kommen Sorgen bei den Mitarbeitenden auf und demnach wollten wir ihnen gleich zu Beginn diese Angst nehmen.

Hast du vor dem Einstieg in das FU klare Ziele mit dem Vorstand definiert?

Innerhalb des Vorstands haben wir einen Geschäftsverteilungsplan und haben klare Ziele zum strategischen Ausblick des Unternehmens definiert. Die Aufteilung der Geschäftsbereiche innerhalb des Vorstands sehe ich dabei als essenziell an, um effektiv arbeiten zu können und Zuständigkeiten für uns als Vorstand, aber auch für die Mitarbeitenden klar zu definieren. Und natürlich ab jetzt entscheiden wir gemeinsam im Vorstand und setzen uns auch gemeinsam weitere Ziele. Wir haben uns beim Generationswechsel auch ganz bewusst dazu entschieden keinen Vorstandsvorsitzenden zu berufen, sondern wir vier Vorstandsmitglieder sind gleichgestellt und sprechen mit einer Stimme.

Warum hast du und deine Familie sich dazu entschieden den Generationswechsel so öffentlich darzustellen?

Das war für uns eine ganz bewusste Entscheidung, weil wir einfach gesagt haben, wir wollen diesen Generationswechsel auch nach außen hin kommunizieren. Zum einen sind wir eine dezentral aufgestellte Organisation, sodass wir auch sicherstellen wollten, dass jeder die Veränderung in unserem Unternehmen wahrnimmt. Und zugleich sind wir auch eine Dienstleistungsorganisation und verfolgen dadurch auch einen Service Gedanken. Natürlich wollen wir uns bei unseren Mitarbeitenden, aber auch bei unseren Kunden und Geschäftspartnern klar positionieren wer nun für den Namen Sasse die Verantwortung trägt. Und deswegen haben wir den Generationswechsel dann auch so aktiv kommuniziert, sei es im Handelsblatt, im Fokus oder weiterer Presse.

Und insgesamt finde ich, dass der Generationswechsel viel offener besprochen werden sollte. Denn eines ist klar, es gibt viele verschiedene Wege für einen erfolgreichen Nachfolgeprozess und jede Unternehmerfamilie muss einen individuellen Weg der Unternehmensnachfolge finden, der ihren Wünschen und Vorstellungen entspricht. 

Denkst du, dass ein Generationswechsel in Zeiten von Corona zu noch größeren Herausforderungen und Unsicherheiten führt?

Meine Meinung nach hat die Corona Pandemie unseren Generationswechsel nicht aktiv verändert oder zu größeren Herausforderungen geführt. Denn ich glaube, es existiert zu jedem Zeitpunkt im Leben eine Form der Krise mit unterschiedlichen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Gegenwind gibt es immer und man muss individuell entscheiden, wie steuere ich mein Schiff trotzdem durch sichere Gewässer, um dort anzukommen wo ich ankommen möchte. Demnach sind die Ursachen einer Krise vielleicht unterschiedlich, aber die Konsequenzen sind eigentlich immer dieselben und deswegen denke ich nicht, dass die aktuelle Krise keinen großen Einfluss auf unseren Generationswechsel hatte. Jede Herausforderung eröffnet neue Chance, die wir innerhalb unseres Unternehmens nutzen möchten.

Welchen Tipp würdest du Next Gens geben bei denen der Einstieg ins Familienunternehmen kurz bevorsteht?

Ich habe insgesamt vier Tipps für Euch, Next Gens:

  1. Habe Demut vor dem Ererbten. – Meine Schwester und ich haben das Unternehmen nicht selbst aufgebaut, sondern mein Vater hat gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden das Unternehmen vor über vier Jahrzehnten angefangen aufzubauen. Und ich finde, man sollte deshalb dem Unternehmen eine gewisse Demut entgegenbringen.
  2. Denke daran Achtung muss man erwerben. – Ich kann nicht davon ausgehen, dass auf Grund meiner jetzigen Position als Vorstandmitglied mir ohne weiteres Achtung und Respekt entgegengebracht wird. Diese Anerkennung muss ich mir erstmal erarbeiten.
  3. Nimm Dir die Zeit zum Denken. Mindestens 30 Prozent Deiner Arbeitszeit ist ein Muss.  – Wir als Familienunternehmen denken in Generationen. Unsere Aufgabe ist jetzt das Unternehmen langfristig erfolgreich aufzustellen, sodass das Unternehmen später auch an die dritte Generation übergeben werden kann. Und dafür braucht man Zeit zum Denken, die man sich auch ganz bewusst regelmäßig nehmen sollte, sodass man nicht im Daily Business versinkt.
  4. Hüte Dich vor Schmeichlern und prüfe Deine Berater.- Dir wird auf Grund deiner Position im Unternehmen erstmal viel Lob und wenig offene Kritik entgegengebracht. Demnach sollte man stets hinterfragen, wer die wahren Berater sind und wer sich hingegen bei dir einschmeichelt.

Wir bedanken uns bei Clara Sasse für das spannende Gespräch!

Geschrieben von Lisa Winkler, Head of Science & B2B bei Haus Next

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