Haus Next

Nachhaltigkeit im Familienunternehmen – Ein Interview mit Lena Schaumann

Unser Haus Gast diese Woche ist Lena Schaumann, Next Gen in 4. Generation bei Möbel Schaumann in Kassel. Als Geschäftsführerin im familieneigenen Unternehmen brennt sie vor allem für die Themen Digitalisierung und Innovation. Darüber hinaus ist sie im Nachfolge-Coaching aktiv, organisiert das erste deutsche Nachfolgefestival „Footsteps“ und moderiert ihren eigenen Podcast „Hermann & Ich“. Lena ist Unternehmerin durch und durch, die mit viel Power ihren eigenen Weg geht. Für uns hat Lena drei Fragen zum Thema Nachhaltigkeit beantwortet – und uns einen Einblick in ihr ganz persönliches Verständnis davon gegeben.

1. Wann und wie kamst du im Familienunternehmen das erste Mal in Kontakt mit dem Thema Nachhaltigkeit?

Die Entscheidung, ins damals 108-jährige Familienunternehmen einzusteigen, war für mich bereits eine Entscheidung der Nachhaltigkeit. Keine Nachfolge hätte vermutlich einen Verkauf des Unternehmens bedeutet, und die Vermutung liegt nah, dass unser Familienunternehmen dann Teil einer großen Möbelkette geworden wäre. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass alles, was wir – meine Familie und unsere Mitarbeitenden – das letzte Jahrhundert erschaffen haben, einmalig in Geld umgewandelt wird und sich dann in Luft auflöst. Ich wollte das Unternehmen, ebenso wie meine Vorgänger, nachhaltig weiterentwickeln und meinen Beitrag leisten zu einem Arbeitsmarkt und einer Welt, in der ich leben will.

2. Was verstehst du unter Nachhaltigkeit und was sind deine Ziele für deine Zeit als Spitze des Familienunternehmens?


Stabilität & Langlebigkeit: Wir Familienunternehmen sind auf genau das ausgelegt und das ist gut so: Stabilität bedeutet für mich Flexibilität, denn langfristig stabil sind wir dann, wenn wir immer wieder flexibel auf das reagieren, was um uns herum passiert. Es bedeutet, neue Lösungen zu finden: Für unsere Kunden, unsere Mitarbeitenden und unsere Umwelt. Langlebigkeit bedeutet dauerhafte Beziehungen zu Lieferanten, Mitarbeitenden und Partnern. Ich bin davon überzeugt, dass sich über langfristige Partnerschaften ein Vertrauen aufbaut und eine Art der Kooperation, die eine Basis schafft, große Veränderungen gemeinsam besser zu bewerkstelligen. 

Gesundheit: Glückliche MitarbeiterInnen, die gerne Verantwortung übernehmen, ihren Job gerne machen und sich wertgeschätzt fühlen, sind laut Studien bis zu 31% produktiver. Sie trauen sich mehr und sie springen auch mal ins Ungewisse. Damit sind sie offener für Veränderungen und neue Herausforderungen. Das alles sorgt dafür, dass sie durchschnittlich gesünder sind – sowohl körperlich als auch mental. Gesundheit und eine hohe Lebensqualität sind die Grundlage für außergewöhnliche Arbeit und damit auch für Veränderungen. Ich sehe es deshalb als meine oberste Aufgabe, ein Umfeld zu schaffen, das unseren Mitarbeitenden diese Grundlage bietet.

Verantwortung: Nachhaltigkeit bedeutet für mich die Übernahme von Verantwortung. Das bedeutet auch mal mutige Entscheidungen zu treffen, die nicht die Gewinnmaximierung als oberstes Leitziel haben.  So haben wir uns gemeinsam beispielsweise dafür entschieden, vorerst auf die Ladenöffnung am Montag zu verzichten, um so unseren Beitrag beim Energiesparen zu leisten. Dieser Mut zahlt sich aus: Die Kunden danken es uns mit ihrem Besuch an den anderen Wochentagen, unsere MitarbeiterInnen genießen endlich ein richtiges Wochenende, da sie nun montags frei haben, und der Pressetroubel um diese Entscheidung hat uns reichlich kostenfreie Werbung eingespielt. Für mich ist das ein Beispiel von vielen, das beweist, dass Entscheidungen im Sinne der Nachhaltigkeit niemals eine Gefahr, sondern immer eine Chance darstellen.

Ideenreichtum: Ideen regieren die Welt. So ist es in meinen Augen auch bei der Nachhaltigkeit. Wir brauchen Ideen – noch viel mehr, als jetzt vorliegen. Und wir brauchen Offenheit, mit der wir diesen Ideen entgegentreten. Es gilt, Ideen, die auf den ersten Blick schwierig oder unpraktikabel erscheinen, eine Chance zu geben und weiterzuspinnen. Es gilt, alte Regeln über Bord zu werfen und alle Denkverbote zu brechen, um gänzliche neue Gedanken zu denken und schlussendlich umzusetzen. 

Win-Win statt Win-Loose: Bei Nachhaltigkeit geht es in meinen Augen darum, dass alle gewinnen: Wir – die Menschen –, unsere Umwelt, unsere Partner und unser Unternehmen. Es geht nicht darum, den besten Kompromiss zu finden, bei dem letztlich doch keiner wirklich gewinnt, sondern die Lösung, die für alle ein eindeutiger Gewinn ist. Echte Lebensqualität stellt sich erst dann ein, wenn es keine Verlierer gibt. Daher ist mein Anspruch, genau der: Alle Beteiligten – und allem voran unsere Umwelt – zu Gewinnern von Nachhaltigkeit zu machen.

3. Was würdest du anderen Next Gens mitgeben wollen, wenn es um Nachhaltigkeit im familieneigenen Unternehmen geht?

In meinen Augen bedarf vor allem das Thema Nachhaltigkeit Mut und Durchhaltevermögen. Mut, neue Lösungen zu finden und anzugehen, auch wenn es noch kein Proof of Concept gibt. Mut, Dinge auszuprobieren, die nicht sofort in Erfolg messbar sind, vielleicht sogar mehr Geld kosten als sie anbringen und dennoch wichtig sind. Mut, voranzugehen, auch gegen kritische Stimmen.

Durchhaltevermögen, wenn die erdachte Lösung nicht sofort funktioniert. Wenn die Mitarbeitenden nicht sofort mitziehen und wenn mit dem Finger auf all die Dinge gezeigt wird, bei denen wir noch nicht nachhaltig unterwegs sind, anstatt die Dinge zu loben in denen wir bereits einen Unterschied machen. Durchhaltevermögen Gespräche mehrfach zu führen, bis eine Partei, die du für dein Vorhaben brauchst, die Wichtigkeit und die Chance ebenso erkennt wie du, und endlich bereit ist mitzuziehen. 

Vielen Dank, liebe Lena, für deine spannenden Einblicke und Antworten auf unsere Fragen!

Geschrieben von Julia Mecheels, Content bei Haus Next

Das könnte dich auch interessieren.