Haus Next

Vorbereitung auf die Unternehmensnachfolge – meine Geschichte

Franziska Finger ist Next Gen bei PACKSYS und ist dabei, ihren ganz eigenen Weg ins familieneigene Unternehmen zu finden. Nahbar und persönlich berichtet sie für Haus Next davon, wie sie dabei ist, als Next Gen den Weg in Richtung des Familienunternehmens zu gehen. Wir bedanken uns für den Einblick in ihre Geschichte, denn diese ist für Next Gens meist genauso individuell und unterschiedlich wie die Familienunternehmen selbst.

Meine ganze Kindheit über wollte ich aufgrund meiner Liebe zu Tieren Tierärztin werden. Einen Hund durfte ich leider nicht haben, weil meine Eltern nicht die Zeit hatten, sich aufgrund der Firma um einen Hund zu kümmern. Daher wurde ich mit Katzen groß – auch in Ordnung bzw. sehr schön, denn Geschwister habe ich leider keine. Es war daher außer Frage, wo ich das einwöchige Praktikum in der Schule absolvieren werde – ich wollte in die ortsansässige Tierklinik/-praxis. Sehr schnell kristallisierte sich heraus, dass dies gar nichts für mich war. Es kamen größtenteils Hasen, Hunde und Katzen vorbei, denen meistens nur eine Impfung gegeben wurde, das war‘s. Als der Traum geplatzt war und es Richtung Abitur ging, schlugen mir meine Eltern eine Berufsberatung bei einer Wirtschaftspsychologin vor. Nachdem zweitägig Tests durchgeführt wurden, um Stärken/Schwächen etc. zu identifizieren und einige Gespräche mit der Dame geführt wurden, lud sie meine Eltern und mich zu einem Gespräch ein. Es kamen drei Studiengänge heraus: Grundschullehramt, soziale Arbeit und Wirtschaftspsychologie.

Mir war sofort klar, sowohl mit Lehramt als auch mit sozialer Arbeit, fällt die Option, ins Familienunternehmen einzusteigen, definitiv raus. Ein interdisziplinärer Studiengang, der verschiedene Wissensfelder miteinander verbindet (in diesem Fall das Verständnis menschlichen Erlebens, Handelns und Entscheidens in ökonomischen Abläufen), schadet Personen, die später ggf. eine Unternehmensnachfolge anstreben, bestimmt nicht, dachten wir uns. Im Gegenteil sogar: Wir waren der Meinung, dass es durchaus interessant ist. Denn als Unternehmensleitung sollte man eher breit aufgestellt sein, als Experte in nur einem Fachgebiet zu sein. Viele Wirtschaftspsychologen finden sich heutzutage im Personalwesen, Marketing oder Vertrieb. So ging ich diesen Weg.

Während der Schule und dem Studium gab ich sehr viel Nachhilfe und arbeitete in den Ferien oft im eigenen Unternehmen. 

Schon sehr früh habe ich die Arbeit mit Spaß in Verbindung gebracht. 

Angefangen von Kopierarbeit, Kochen für die Belegschaft, Produktionsarbeit im Reinraum, Reisespesen für Papa und Vertriebler machen, bis hin zu meiner Bachelorarbeit zum Thema „Führung in mittelständischen Unternehmen am Beispiel der Packsys GmbH“ oder das Mitarbeiten/Unterstützen in unterschiedlichen Abteilungen – ich half überall. Und ich denke, auch das kommt einem als spätere Nachfolgerin enorm zugute. Denn zum einen bekommt man die Anerkennung der Mitarbeiter, wenn diese aktiv mitbekommen, dass man auch mal mit den sogenannten „Depperlaufgaben“ gestartet hat und nicht nur „Tochter von..“ ist. Zum anderen aber auch, um den Mitarbeitern indirekt die stetige Präsenz zu zeigen. Man gehört einfach dazu, egal in welchem Alter und egal mit welchem derzeitigen Entwicklungs-/ Reifegrad. 

Ich erinnere mich noch gut, wie ich oft täglich nach der Schule im Familienunternehmen meine Hausaufgaben erledigt habe, mit Freunden im Lager unerlaubterweise Versteck-Fangen gespielt habe, oder etliche Abifeiern dort habe stattfinden lassen. 

Mit der Firma verband ich sehr, sehr viel, wenn nicht sogar alles. 

Es war natürlich auch meine Familie. Denn Papa, Mama, Oma und Opa waren schließlich dort, und die Mitarbeiter kannte ich auch von klein auf. Einen großen Wechsel hatten wir selten. Einmal Packsys Mitarbeiter – immer Packsys Mitarbeiter, so kam es mir auf jeden Fall immer vor. 

Müsste ich neben Stolz spontan ein paar Emotionen oder Gefühle nennen, die ich mit dem Familienunternehmen und allem Wichtigem drum herum verbinde, würde ich Überraschung/Neugierde, Zufriedenheit, Verbundenheit, Dankbarkeit, Wertschätzung, Staunen und Dankbarkeit aufzählen.

Nachdem ich nach dem Abitur zwei Monate in Australien reisen war, um die Welt mal auf eigenen Füßen zu erkunden, wollte ich nach dem BA unbedingt noch etwas Soziales machen. So entschied ich mich für einen Monat auf einer Geparden- und Leopardenfarm, einer non-profit Organisation, zu arbeiten, bevor ich ein halbes Jahr in der Personalentwicklung der Versicherungskammer Bayern mein Praktikum anfing. Diese zwei Dinge wollte ich unbedingt in meinen Leben gemacht haben, und ich wusste, später werde ich die Zeit dafür nicht mehr haben. 

Bei dem HR-Praktikum interessierten mich dann im Vergleich zu unserer damaligen 20-Mann-Firma besonders die Unterschiede zu einem Konzern. Wie sind dort die Arbeitsweisen? Ist alles wirklich so anonym wie man es sich vorstellt bei tausenden von Mitarbeitern? Wie ist es in einer Branche, die mir total fremd ist? 

Im Anschluss an dieses halbe Jahr Praktikum, entschied ich mich für den Studiengang CME (Corporate Management & Economics) an der Zeppelin Universität. Ein Master in Wirtschaftswissenschaften an einer Uni mit Fokus auf Familienunternehmertum klang für mich wieder nach einer idealen Vorbereitung für später. So gab es neben dem frei wählbaren Schwerpunkt Family Business, auch das FIF, Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen. Es beschäftigt sich rund um die Zukunftsfähigkeit von Familienunternehmen in Bereichen der Nachfolge & nächster Generation, Familienstrategie, Family Governance und vieles mehr. So durfte ich nicht nur dort meine Masterarbeit zum Thema „Emotionen im Nachfolgeprozess von Familienunternehmen von 2ter auf 3te Generation“ schreiben, sondern auch viele Vorlesungen zum Thema Familienunternehmen genießen. 

Man sagt ja immer: Es lernt sich gut aus Fehlern anderer. Und ich habe auch das erste Mal das Gefühl gehabt: Man ist mit vielen Problemen und Ängsten nicht alleine.

Mein Interesse an Themen rund um Familienunternehmen und der Nachfolge von Familienunternehmen nahm nach und nach stärker zu. Das Netzwerken mit Personen, in ähnlicher Rolle, sogenannte Next-Gens, fing also indirekt an der Zeppelin Universität an, an welcher ich schon die ersten potenziellen Nachfolger als Kommilitonen kennenlernte, und startete dann so wirklich mit der Teilnahme am „Projekt 2024“. Das war genau das richtige für mich: Sich bewusst mit sich und der eigenen Rolle im Familienunternehmen zu beschäftigen, Leute kennenzulernen, die ähnlich alt sind, im ungezwungenen Raum Fragen und Ängste mitteilen und aus Fehlern/Herausforderungen von anderen lernen. 

Während des Masters wollte ich sowohl die Startup Welt kennenlernen, weshalb ich in einem Münchner Mini-Startup als Werkstudentin tätig war, als auch ein Freisemester nehmen, um noch einmal ein paar Monate intensiv in das Familienunternehmen zu schnuppern. Meine Einstellung blieb glücklicherweise durchaus positiv und mir war klar:

Hier will ich in ein paar Jahren einsteigen. 

Und ich wusste schon in dieser Zeit, die Zusammenarbeit mit meinen Eltern klappt durchaus gut.

Ich startete meinen ersten richtigen Job als einer von fünf Trainees bei Gerresheimer. Dies ist ein Konzern, welcher Primärverpackungen für Medikamente und Kosmetika herstellt. Die Firma mit ihren insgesamt rund 10.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,5 Mrd. EUR bietet ein sehr breites Produktspektrum an. Nachdem es unser größter Lieferant ist, dachte ich mir macht es durchaus Sinn, sich hier ein gutes Netzwerk aufzubauen und in die Pharma/Biotech Branche hineinzublicken.

Zwar war mir im Trainee-Programm erlaubt, die anderen Divisionen kennenzulernen, also all das Fachwissen rund um den Entstehungsprozess von Glas- und Kunststoffflaschen zu lernen und die verschiedensten Standorte kennenzulernen, mich aber dann intensiv in unserer Business Unit auszuleben. So konnte ich mich auch hier wieder mehr als Allrounder/Generalist aufstellen, weniger als Experte in nur einem Bereich. 

Nach einem Jahr entschied ich mich dann für eine Vertriebsfunktion, in welcher ich noch immer tätig bin. Mein Ziel war es immer, für mindestens zwei bis drei Jahre in einem externen Unternehmen tätig zu sein, sodass ich auf der einen Seite dem Unternehmen, in welchem ich tätig bin, wirklich etwas bringe, und auf der anderen Seite auch wirklich Wissen und gesammelte Sichtweisen mit ins Unternehmen bringen kann. Natürlich war es ebenfalls mein Vorhaben, Vertriebserfahrung zu sammeln, was ich auch definitiv später beherrschen muss. Denn als Chef oder Nachfolger muss man, laut meinem Vater, und da gebe ich ihm recht, definitiv mit seinen Kunden/den wichtigen Stakeholdern in Kontakt treten und die ein oder andere Verhandlung oder das ein oder andere Streitgespräch führen. Seit dem Start bei Gerresheimer dachte ich, bin ich in der luxuriösen Situation, solange mir der Job weiterhin Spaß macht und ich mir jeden Abend denke, heute habe ich wirklich wieder etwas Neues dazugelernt und sehe die Arbeit als sinnvoll, solange bleibe ich. Natürlich lasse ich es nicht außer Acht, dass ich weiß, wenn ich einsteige, benötige ich minimal drei Jahre, bis ich eingearbeitet bin. Und wenn man als Frau auch irgendwann eine Familie gründen möchte, kann man sich nicht ewig Zeit lassen, aber noch habe ich Zeit. Momentan konzentriere ich mich rein auf meinen derzeitigen Arbeitgeber und bleibe dort bei der Sache. Also natürlich gibt es Sommer- oder Weihnachtsfeste, die ich mitorganisiere, oder Freizeit-Veranstaltungen, bei denen ich teilnehme, aber wirklich businessmäßig bin ich bei uns gerade raus und konzentriere mich voll und ganz auf meine Rolle im derzeitigen Unternehmen.

Bei unserem letzten Firmenausflug kommunizierte mein Papa den Weg, den wir in den nächsten fünf Jahren einschlagen wollen. Dort wurde offiziell erwähnt, dass ich definitiv die Nachfolge übernehmen werde und in ein paar Jahren in unser Unternehmen einsteigen werde. Das wussten zwar die meisten bereits, aber es war ein sehr emotionaler Moment für mich, als es so konkret aktiv übermittelt wurde.

Ich bin voller Vorfreude und kann es kaum erwarten in naher Zukunft mit meinen Eltern gemeinsam zu arbeiten und die Firma weiter voranzubringen. Und ich weiß: Das wird gut klappen. 

Zwar steht noch nicht die genaue Strategie fest. Aber sicher ist: Nach meiner Kündigung schnuppere ich nochmal ein bis drei Monate in ein Unternehmen, welches nun nicht auf der Lieferantenseite steht, sondern auf der Kundenseite. Im Anschluss daran werde ich bestimmt damit starten, durch die unterschiedlichen Abteilungen bei uns zu wandern, um all die Prozesse und Arbeitsweisen der Kollegen kennenzulernen. Welche Rolle ich dann danach einnehme, das sind Themen, mit denen wir uns noch beschäftigen müssen. Ich weiß, als Geschäftsführerin werde ich definitiv nicht starten. Aber nachdem mein Papa und ich vor ein paar Jahren Packsys plus gegründet haben, eine Firma innerhalb unseres bestehenden Unternehmens, werde ich mich unter anderem um diesen Bereich kümmern. Es soll ein Online-Shop werden, bei welchem wir Produkte nicht nur in Großmengen verkaufen, sondern zum Beispiel. auch ein kleiner Apotheker die Möglichkeit hat, bei uns preiswert in hoher Qualität Mindermengen abzunehmen. Hier habe ich dann so bisschen mein eigenes Baby, an dem ich mich ausprobieren kann – genauso wie es früher bei meinem Papa war, der auch von “from scratch” mit Packsys startete. 

Ich denke, den Weg, den ich gegangen bin oder immer noch gehe, ist für mich der richtige. 

Ich fühle mich damit wohl und weiß, meine Eltern stehen hinter diesem Weg. Wenn ich also meine ideale Vorbereitung auf die Nachfolge in Kürze zusammenfassen müsste, würde ich folgendes schreiben:

1. Abi / BA (Business Psychology) & MA (Corporate Management & Economics) -Studium: höchster Bildungsabschluss mit interdisziplinären Studiengängen, die einen ermöglichen, ins elterliche Unternehmen einsteigen zu können.

2. Längere Fernreise und soziales Engagement: Dinge, die ich im Leben nicht missen möchte und froh bin, getan zu haben, bevor man später nicht mehr die Möglichkeit bekommt.

3. Erfahrung sammeln in unterschiedlichen Unternehmensgrößen: Startup versus Konzern – wie sind die unterschiedlichen Arbeitsweisen und welche Aufgaben werden in unterschiedlichsten Abteilungen erledigt: besser Generalist als Experte sein.

4. Kontinuierliches Hineinschnuppern im Familienunternehmen: immer wieder einmal Präsenz zeigen und in unterschiedlichen Lebenssituationen im Familienunternehmen Zeit verbringen – je nach Reifegrad unterschiedliche Tätigkeiten erfüllen. 

5. Netzwerken mit anderen Next-Gens: Zu wissen – allen geht es ähnlich.

6. Branchenwissen aufbauen, Arbeiten bei einem Arbeitgeber, der Relevanz für eigenes FU hat: In meinem Fall größter/wichtigster Lieferant und im späteren Verlauf nochmal zu einem wichtigen Kunden. 

7. Extern ein paar Jahre Erfahrung sammeln, am besten in der Rolle, die womöglich auch mal in Frage kommen wird. Vertrieb: Weil Kundenkontakt wahnsinnig wichtig sein wird. Knowhow aufbauen über Vertriebstätigkeit an sich.

Jeder muss für sich seinen idealen Weg finden, wenn er auch noch mit den Eltern abgestimmt ist, und diese einen bei dem, was man macht, völlig unterstützen – dann, würde ich sagen, hat man alles richtig gemacht und kann guten Gewissens im eigenen Unternehmen durchstarten.

Geschrieben von Franziska Finger

Das könnte dich auch interessieren.